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Samstag, 16.Februar 2002

 

Gegen 9.30 Uhr kamen wir aus den Federn, doch mir war klar, das wir erst recht spät loskommen würden. Ben sagte dann auch telefonisch bescheid, das es noch etwas dauern würde, so sind wir zu dritt erst einmal frühstücken gegangen zu Mosburger, der japanischen Fast Food Kette. Joel verabschiedete sich dann von uns, er hatte abends ein Date mit Nono, der Mongolin, und sie wollten auch zur Headspinparty gehen. Todd und ich fuhren noch bei Namba vorbei, um uns rotes Duct Tape zu kaufen, welches wir für den Lauf am Abend benötigten. Wir warteten zu hause dann auch Ben und gegen 13 Uhr holte er uns mit seinem Bus auch ab. Im Bus waren wir zu acht, Ben, Sam, Joe, Ligaya, Todd, Alli, Quyhn und ich. Es dauerte aber eine ganze Weile bis wir aus Tottori herauskamen, denn Ben hatte keine Karte dabei und wir mussten bei ihm zu hause noch einmal vorbeifahren. Während der gesamten Fahrt sind wir mindestens drei mal falsch gefahren, Ben peilt es einfach nicht so ganz, er bereitet sich auch nie auf so eine Fahrt vor! Die Fahrt dauerte also gut 4 Stunden, und erst gegen 18 Uhr kamen wir bei Stewart an, der JET, welcher uns für die Nacht aufnahm. Es gab Nabemono zum Abendessen und 5 andere JETS waren auch noch bei ihm zu Besuch. Wir machten uns dann bald auf den Weg, denn um 20.15 Uhr sollten wir uns in Okayama am International Center treffen. Die ersten Biere hatten Todd und ich bereits geleert, obwohl Todd gar nicht mitrennen wollte. Wir nahmen den Zug und liefen die letzen paar Meter zum Center. Ich war schon recht gut drauf und in richtiger Stimmung! Am Center trafen wir dann auf alle anderen inclusive Tami und Mike, der als dritter im Bunde neben mir und Ben aus Tottori mitlief. Insgesamt waren es ca. 100 JETS die zuschauten und 31 JETS die mitliefen! Wir sind dann auf vier Busse verteilt worden und es ging los in Richtung Tempel. Auf der Fahrt dorthin gab es Anweisungen von Veteranen, die schon zum zweiten oder dritten mal dabei waren. Es wurde dann auch das Tape ausgepackt und man fing an, sich an den Handgelenken mit rotem Tape zu markieren. Die Fahrt dauerte ca. 45 Minuten und mein Blasendruck stieg bis ins unermäßliche! Als wir ankamen musste der Busfahrer noch gut 10 Minuten rangieren bis wir raus durften. Ich bin echt fast gestorben!! Draußen ging es zu Fuß weiter in die Tempelgegend. Ich war schon extrem in Partystimmung und als wir am Zelt ankamen wurden sodann die Tabi-Socken und der Fundoschi, also der einzige Stofffetzen der einen bedecken sollte, verteilt. Wir machten uns dann auf ins Zelt, ich hab meine Digitalkamera an Todd übergeben, was sich später als schwerwiegender Fehler herausstellte! Im Zelt herrscht bereits dicke Luft und reges Treiben. Ca. 100 Männer standen dort splitternackt in der Gegend herum und warteten darauf, das die japanischen Profiwickler ihre Arbeit verrichteten. Das ganze Festival ist mir nur noch in gewissen Fetzen in Erinnerung. Ich war schon so gehypt und hatte mich mit Whiskey Cola gewärmt, so das ich gar nicht merkte, wie kalt es bereits war, als wir das Zelt verließen. Und dann ging es auch schon los und die ganze Gaijin Meute setzte sich in Bewegung mit lauten „Washoi-Washoi“ Rufen! Irgendwie kamen wir dann in den Tempel, der von Tausenden von Menschen umlagert war, die von weiteren tausend Polizisten mit Seilen und Absperrungen zurückgehalten wurden. Man hatte auch riesige Tribünen aufgebaut die restlos ausverkauft waren. Ein duzend Fernsehteams waren ebenfalls da und es lag ein unheimlicher Lärm in der Luft von Zuschauern, welche die Läufer anfeuerten und von Läufern, die ihr „Washoi“ zum besten gaben. Ich kann mich daran erinnern, das wir geschlossen in den Tempel rannten, welcher eine recht große Anlage ist. In seiner Mitte befand sich der Haupttempel mit der Bühne und darüber die Galerie, von der aus die Mönche die gesegneten Holzstäbe werfen würden. Als erstes machten wir jedoch eine scharfe Rechtskurve und es ging in einen Seitenarm des Tempels und über Treppen hinweg durch ein Tor. Dieses Tor gab den Blick frei auf ein Bassin voller eiskaltem Wasser mit einer schwarzen Steinsäule in der Mitte um den jeder herum musste. Ich hatte meine Tabi wohl weißlich an meine Knöchel getapet, doch wohl nicht professionell genug, den bereits nach dem ersten Durchlauf durch den Teich fehlte meine rechte Socke. Egal, ich musste den anderen folgen, wobei ich ganz nebenbei auch immer wieder meinen Mundschutz verlor. Weiter ging es rechts am Haupttempel vorbei und auf der linken Seite jubelten ca. 2000 Zuschauer von den Tribünen herunter einem zu. Unglaublich! Diese Atmosphäre war einfach unbeschreiblich. Ich befand mich bereits voll in Ekstase durch das ständig „Washoi“ schreien, weiß auch bis heute nicht genau, was dies bedeutet. Hinter dem Tempel wurde es enger und man konnte die Zuschauer links und rechts wie bei einem Marathonlauf abklatschen. Dann ging es sehr steil einige Treppen hinauf zu einer Holzwand, an der man still betete und schon ging es mit ohrenbetäubendem Geschrei die steilen Stufen hinunter und man machte einen weiteren Rechtsbogen. Nun waren wir unter einer Art kleinen Brücke und im Anschluss gab es zwei weitere kleine Tore, die mit zwei Tauen verbunden waren, an denen man entlang schwingen konnte. Keine Ahnung ob das erlaubt war, jedenfalls turnten daran einige Japaner entlang und so ließ ich mich nicht lumpen und vollendete mit einigem Geschrei ein paar tarzanwürdige Übungen. Ab diesem Punkt verlor ich dann meine Gruppe und war den Rest des Abends auf mich alleine gestellt. Ich schloss mich immer wieder neuen Gruppen an, rannte erneut mindestens noch drei mal durch den eiskalten Pool, wobei ich auch meine linke Tabisocke verlor und machte mich dann daran, die Bühne des Haupttempels zu erklimmen. Man hatte total das Zeitgefühl verloren und ich wusste nicht wann es Mitternacht war und die Stäbchen geworfen wurden. Auf dem Podest war ein unsägliches Gedränge und es blieb einem fast die Luft weg. Die Bühne konnte man nur über drei sehr steile Stufen erreichen, die es rund um den Tempel gab. Deshalb kam es auch immer wieder vor, das ein ganzer Knäuel von Leibern die Treppen hinunter stürzten, da es oben einfach keinen Platz gab. Ich konnte mich glücklicherweise hinter einem der vier Pfeiler abstützen um nicht von hinten über die Kante der Bühne hinaus heruntergestoßen zu werden. Der Druck wurde fast unerträglich, und man kämpfte um jeden Millimeter. Hier war es von Vorteil, größer zu sein und auch ein paar Kilo Kampfgewicht zu haben, ich erinnere mich noch daran, das ich in totaler Ekstase mehrere Japaner mit Händen und Füßen zum eigenen Schutz vom Podest beförderte, in dem ich ihre Gesichter mit meinen Händen Richtung Kante schob. Den eigentlichen Stockwurf habe ich jedoch irgendwie verpasst. Manches ist mir nur noch verschwommen bewusst, jedenfalls erinnere ich mich daran, in einem riesigen Knäuel nach unten befördert worden zu sein, und ich kam buchstäblich dabei unter die Räder. Ca. 30 Jungs vielen übereinander zu Boden und ich musste echt hart kämpfen, um wieder auf die Beine zu kommen. Es dauerte eine ganze Weile, bis mir dies gelang. Dabei wurde ich hart zu Boden gedrückt, und mein Gesicht pflügte mit der linken Gesichtshälfte durch den nassen Sand. Auch meine linke Schulter und mein rechtes Knie wurden in Mitleidenschaft gezogen. Irgendwie schaffte ich es wieder auf die Beine zu kommen und ich sah einen riesen Haufen Leiber in einer Ecke die sich gegenseitig fast erdrückten. Ganz offensichtlich hatte dort jemand eines der sagenumwobenen Stöckchen ergattert. Ich katapultierte mich in die Masse, doch man kam nie an den eigentlichen Inhaber heran. Nebenbei fiel mir auf, das ich kaum jemand von meinen Gaijin Kollegen gesehen hatte. Bis auf zwei Jungs schienen sie sich aus dem dicksten heraus zu halten und blieben der Gefahrenzone fern. Ich schloss mich sodann einer weiteren Gruppe Japanern an, die eine weitere Runde drehten, da ich nach meinen Jungs Ausschau halten wollte. Doch alle Bemühungen blieben erfolglos, kein Gaijin weit und breit. So ging es zurück auf die Bühne und ich versuchte auf einer der Palisaden zu gelangen, da ich dort einen Gajin erblickt hatte. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich mich mit viel Gedränge und Geschiebe bis nach vorne durchgekämpft hatte und ich mich am kleinen Holzgitter emporzog. Die Stäbchen waren schon lange weg, doch das Gedränge nahm kein Ende. Immer noch war ich wild am „Washoi“ schreien, was schon fast automatisch ablief und ich hätte gerne meinen entstellten Gesichtausdruck gesehen, der nun mit mehreren Kratzern und Schürfwunden übersät war. Aber egal, den Schmerz spürte man überhaupt nicht, dazu war ich viel zu aufgedreht. Ich erinnere mich, das ich mich weiterhin an einem schmalen Spalt in der Wand festhielt und eine Etage höher einen Nagel ergreifen konnte um etwas halt zu haben. Irgendwann verließ ich dann wieder den Tempel um auf Ligaya und Tami zu stoßen, die ihre Videokamera voll auf mich drauf hielt! Keine Ahnung was ich ihr erzählt habe, jedenfalls war ich innerhalb Minuten wieder im Tempel, da ich eine Seitenstrasse nahm und über eine Absperrung sprang, die mit einem verdutzt schauenden Polizisten bewacht wurde! Und schon wieder war ich drin im Tempel!! Und erneut ging es durch den Pool, wobei ich einige Sekunden in ihm verweilte, um die Zuschauer, welche hinter den meterhohen Plastikplanen hervorlugten, die zu ihrem Schutz hochgezogen wurden, nass zu spritzen. Ich war echt total auf 180! Dann ging es mit weiterem Gebrüll wieder hinter den Tempel, aber auch dort war niemand zu finden. Ich war plötzlich völlig allein in der Gasse, flankiert von 1000 Japanern, die immer noch in der Kälte ausharrten. Alle waren am starren und ich rannte deshalb mit lautem Geschrei die Stufen zur Wand hinauf, hielt dort für ca. 5 Sekunden inne um zu verschnaufen und ein kurzes Gebet anzutäuschen und stürzte mich sodann wieder die Treppen hinunter um nach vorne auf den Hauptplatz zu kommen. Irgendwann verließ ich den Tempel um wieder an das Zelt zu kommen, keine Ahnung wie ich das alleine in meinem Rausch aus Whiskey-Cola und Adrenalin gefunden habe! Ich gehörte bereits zu den letzten, die sich umzogen und hatte auch leichte Probleme, meine Sachen zu finden. Eine Socke fehlte und ich bin durchs halbe Zelt gestolpert um sie zu finden. Hatte dann also alles an und irgendwer geleitet mich auch wieder zum Busbahnhof zurück, an dem die meisten schon im Bus saßen. Es war kurz vor 1 Uhr und der Bus hätte bereits um 12.30 Uhr abfahren sollen. Doch Todd fehlte als einziger und war auch nach weiteren 10 Minuten nicht zu finden. So setzte sich der ganze Tross ohne ihn in Bewegung und wir wurden einzeln an verschiedene Bushaltestellen gefahren wo dann jeder für sich ausstieg. Auch wir stiegen irgendwann aus und durften dann noch gut eine halbe Stunde zu fuß laufen, wobei Ben und ich ziemlich am humpeln waren und auch zurückfielen. Stewart sammelte uns dann glücklicherweise noch mit dem Fahrrad ein und zu hause fielen wir dann gegen 4 Uhr total erschöpft und mit „Wunden“ übersät in die Betten. Wow, was für ein geiles Festival !!! Nächstes Jahr bin ich zu 100% wieder dabei und ganz sicher besser vorbereitet!!